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Simchat Tora

Freu‘ Dich an der Heiligen Schrift - das ist die Zusammenfassung vom Feiertag Simchat Tora, der am letzten Tag des jüdischen Laubhüttenfests [Sukkot][1] stattfindet. An diesem Abend liest man das Ende der Heiligen Schrift ([Tora][2]) öffentlich vor und danach sofort den Anfang. Die Idee dahinter ist, dass das Lesen der Heiligen Schrift nie endet. Im Laufe eines Jahres lesen gläubige Jüdinnen und Juden die Tora im Gottesdienst nämlich einmal komplett durch. Manche Gemeinde feiern Simchat Tora mit einem Umzug, bei dem die Torarollen aus dem [Toraschrein][3] in der [Synagoge][4] gehoben und fröhlich siebenmal durch die Synagoge getragen werden. Dabei werden Segenssprüche gesprochen.


Simchat Tora 2019 und 2021 wurden und werden in Thüringen besonders gefeiert. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland und das katholische Bistum Erfurt schenken der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen nämlich eine neue Tora-Rolle. Diese wird von [Sofer][5] Yaacobov, einem ausgebildeten Toraschreiber, Buchstabe für Buchstabe per Hand auf Pergament geschrieben. Am 23.10.2019 entstand der erste Buchstabe, am 30.9.2021 wird sie um 16.30 Uhr mit dem letzten Buchstaben beendet und danach feierlich in die Neue Synagoge der Landeshauptstadt getragen.


[1]: "Sukkot"

[2]: "Tora"

[3]: "Toraschrein"

[4]: "Synagoge"

[5]: "Sofer"

Sofer

Ein Sofer ist ein speziell ausgebildeter Schreiber, der die [Tora][1] per Hand auf eine große Pergamentrolle schreibt, die dann im Gottesdienst in der [Synagoge][2] verwendet werden kann. Dazu bereitet sich der Sofer mit bestimmten Gebeten vor und benutzt auch besondere Tinte und besonderes Pergament, auf dem der Text verzeichnet wird. Fehler dürfen beim Schreiben nicht gemacht werden, denn sonst ist der Text nicht perfekt und entspricht nicht der Heiligkeit des Wortes Gottes. Ein Sofer schreibt neben den Torarollen auch Texte für die Nutzung in der [Mesusa][3] oder Verheiratungsurkunden. Daher ist Sofer ein Beruf, der auch im zivilen Bereich eine Bedeutung hat.


[1]: "Tora"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Mesusa"

Stolpersteine

Das Projekt „Stolpersteine“ wurde in den 1990er Jahren von dem Künstler Gunter Demnig begonnen. Er verlegt im Boden vor den Wohnhäusern von NS-Opfern kleine Messingtafeln in der Größe 96 x 96 mm und 100 mm Höhe. Auf ihnen vermerkt sind die Namen und, wenn möglich, Lebensdaten von Menschen, die im Verlauf der Herrschaft des Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Zunächst als eine Erinnerung an Sinti und Roma gedacht, gibt es nun Stolpersteine für alle von den Nationalsozialisten verfolgte Gruppen, die meisten natürlich für jüdische Menschen. Demnigs Idee war, den Ermordeten, die in den Konzentrationslagern oft nur mit einer Nummer bezeichnet waren, wieder einen Namen zu geben. Das Bücken vor den Steinen, das erforderlich ist um den Text zu lesen, soll eine Verbeugung vor den Opfern symbolisieren. Inzwischen gibt es über 75.000 Stolpersteine in Deutschland und Europa, darunter auch viele in Thüringen so zum Beispiel in Altenburg, Apolda, Bad Blankenburg, Eisenberg, Gera, Kahla, Rudolstadt, Saalfeld, Weida und Zella-Mehlis. Zusammen stellen sie ein großes, vielleicht das größte, dezentrale Mahnmal dar. Das Projekt hat aber auch seine Kritiker. So empfindet es Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kulturgemeinde München als „unerträglich“, dass die Namen von Juden „mit Füßen getreten werden“.

Sukkot

Das Laubhüttenfest Sukkot ist eines der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, das an die biblische Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten erinnern soll. Gleichzeitig ist es das „Fest des Einsammelns“ und ein Dankfest für die Ernte, vor allem für die Obst- und Weinernte. Typisch für dieses Fest ist der Feststrauß (Hebräisch: „Lulaw“) aus Zweigen der Dattelpalmen, Myrte und Bachweide sowie einer Zitrusfrucht (Hebräisch: „Etrog“). Dieses Gebinde wird auch im Gottesdienst in der [Synagoge][1] genutzt. Zu Sukkot wohnt man in selbstgebauten Hütten (Hebräisch: „Sukkot“), die im Garten oder Hof vor dem Haus oder sogar auf dem Balkon der Wohnung aufgestellt werden. Sie sollen das unsichere Leben versinnbildlichen, als das alte Israel durch die Wüste in das Gelobte Land zog. Diese Hütten sollen kein festes Dach besitzen, sondern sind mit Zweigen bedeckt. Das Dach soll so dicht sein, dass bei Tag im Inneren der Schatten überwiegt, bei Nacht aber die Sterne zu sehen sind. Die Hütten werden außerdem wohnlich gestaltet und besonders liebevoll geschmückt. Wohnt man in einer warmen Klimazone, wird die gesamte Woche in der Hütte verbracht, in kälteren Breiten werden dort nur die Mahlzeiten eingenommen. An vielen Tagen von Sukkot werden besondere Rituale durchgeführt, so am Tag „Schemini Azeret“ ein Gedenken an die Toten oder am Tag „Simchat Tora“ eine siebenfache Prozession der [Tora][2]rollen durch die Synagoge.


[1]: "Synagoge"

[2]: "Tora"

Trauerperiode der drei Wochen

Zwischen dem 17. Tammus und dem 9. Aw im jüdischen Kalender liegt eine Trauerperiode von etwa drei Wochen, weil in dieser Zeit das jüdische Volk immer wieder von Katastrophen betroffen wurde, die entweder das gesamte Volk oder einzelne Gruppen in ihrer Existenz bedrohten.

So wird am 17. Tammus mit einem Halbfastentag an die gewaltsame Überwindung der [Jerusalem][1]er Stadtmauern durch die römischen Truppen im Jahr 70 u.Z. erinnert. Sie begannen danach mit der Eroberung der Stadt, und zerstörten den zweiten Tempels am 9. Aw. Nach der Tradition wurde auch der erste [Tempel][2] im Jahre 586 v.u.Z. am 9. Aw zerstört. Auch andere katastrophale Ereignisse werden auf den 9. Aw datiert, so unter anderem die Ausweisung der Juden aus England im Jahre 1290 oder die Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahre 1492.

Die evangelischen Kirchen Deutschlands beziehen sich auf diese Ereignisse, wenn sie am 11. Sonntag nach Pfingsten den „[Israelsonntag][3]“ begehen.


[1]: "Jerusalem"

[2]: "Tempel"

[3]: "Israelsonntag der Kirchen"

Tu Bischwat

Das sogenannte „Neujahrsfest der Bäume“ ist ein nichtbiblischer Feiertag, es erinnert jedoch an das biblische Gebot, die Früchte von neugepflanzten Bäumen erst im fünften Jahr zu verzehren. Es fällt etwa in die Zeit, wenn in Israel die Regenperiode endet und die ideale Pflanzperiode beginnt. In Israel wird Tu Bischwat als nationaler Feiertag begangen, an dem Schulkinder und Erwachsene im ganzen Land neue Bäume pflanzen. Außerhalb von Israel bemühen sich jüdische Familien, Früchte zu verzehren, die auch in Israel wachsen, um an die Vegetation dort und das Land der Vorfahren und der Bibel zu erinnern.

Ultraorthodoxes Judentum

Im heutigen [orthodoxen Judentum][1] wird zwischen modern-orthodox und ultraorthodox unterschieden. Das orthodoxe Judentum orientiert sich an [Tora][2]  und [Talmud][3], also der schriftlichen und mündlichen Lehre, die das Judentum begründet. Das rabbinische Judentum wird als die Instanz verstanden, die das Wort Gottes auf der Grundlage der Überlieferung interpretiert und es so Juden und Jüdinnen ermöglicht, ihr ganzes Leben als Gottesdienst zu verstehen und zu entfalten. Vielfältige religionsgesetzliche Vorschriften, die Halacha, bestimmen den Tagesablauf und alltägliche Entscheidungen zu allen Fragen des Lebens. Das ultraorthodoxe Judentum ist die konservativste Richtung des Judentums. Es entstand im 19. Jahrhundert als Reaktion auf vielfältige Reformbemühungen in Mittel- und Osteuropa. Ultraorthodoxe Juden sind schon an ihrem Kleidungsstil erkennbar. Sie leben eher abgeschieden von der modernen Welt, lehnen modernes weltliches Wissen ab und folgen oft einem geistlichen Oberhaupt. Einige wenige Gruppierungen lehnen sogar den Staat Israel ab und glauben, dass nur der Messias den jüdischen Staat wiedererrichten kann. Andere beteiligen sich an der israelischen Politik. In Israel verbringt ein Großteil der ultraorthodoxen Männer seine Zeit mit dem Studium der heiligen Schriften und geht keiner Erwerbsarbeit nach. Finanzielle Hilfe für sie und ihre meist großen Familien kommt von Spendern und vom Staat, gleichwohl leben viele ultraorthodoxe Familien in Armut. In Israel sind etwa 10 Prozent der Bevölkerung ultraorthodox, ihre Zentren befindet sich in den Ortschaften Bnei Brak und Beit Schemesch sowie im Jerusalemer Stadtteil Mea Schearim. Auch in den USA und Kanada gibt es große ultraorthodoxe Gruppierungen, weniger in Europa.


[1]: "Orthodoxes Judentum"

[2]: "Tora"

[3]: "Talmud"