Exegese

Beschreibung

Exegese bedeutet „Auslegung“ und bezeichnet das ernsthafte Bemühen, heilige Texte wie die Bibel oder die [Tora][1] zu verstehen. Die Auslegung versucht, sowohl die ursprüngliche Intention der Verfasser offen zu legen wie auch den Text in den eigenen Kontext zu übersetzen. Da Auslegung immer Interpretation ist und auf dem individuellen Verständnis und dem geschichtlichen und religiösen Umfeld des Auslegers oder der Auslegerin beruht, muss man verschiedene Arten von Exegese unterscheiden. Einige von ihnen sind hier beschrieben:

Diee jüdische Bibelauslegung oder Exegese begann wahrscheinlich schon, bevor festgelegt wurde, welche Schriften denn im Bibelkanon enthalten sind. Davon zeugt die Unterscheidung zwischen schriftlicher und mündlicher Tora. Innerhalb der Hebräischen Bibel begegnet jüdische Exegese immer dann, wenn Geschichten fortgeschrieben oder redaktionell verändert wurden. Einige Spuren davon kann man noch im Text erkennen. Rabbinische Bibelinterpretation, solche Werke wie [Mischna][2], [Talmud][3] und [Targum][4], gehören zur jüdischen Exegese hinzu, und auch heute noch wird weiter ausgelegt und interpretiert, teilweise auch mit den Methoden der historisch-kritischen Exegese oder in Auseinandersetzung mit ihr.

Die christliche Exegese bemüht sich um eine Bibelauslegung im Licht von Jesus Christus und mit dem Ziel, die Entstehung und Geschichte von Kirche zu verstehen und weiter zu schreiben. Mit verschiedenen Methoden nimmt sie den Text in den Blick, die Sache, die im Text behandelt wird, oder auch die Leserschaft, die den Text nutzt.

Die historisch-kritische Exegese ist eine wissenschaftliche Methode, die philologische und historische Fragen stellt und sie auf die Bibel bezieht. Sie will herausfinden, welchen Sinn ein biblischer Text zur Zeit seiner Entstehung hatte und wie sich dieser Sinn über die Zeiten gewandelt hat. Religiöse Überzeugungen sollen dabei keine Rolle spielen.

Die befreiungstheologische Exegese entstand in den 1960er Jahren und ist eine lateinamerikanische Bewegung, die versucht, die sozio-politische Ungleichheiten innerhalb der lateinamerikanischen Bevölkerung in den Blick zu nehmen. Sie sieht Jesus Christus vor allem als den Befreier von Unterdrückung an und verlagert die Exegese von den Wissenschaftlern zu den sogenannten Basisgemeinden, die Bibellektüre „von unten“ betreiben. Aus ihr heraus entwickelte sich auch die schwarze Bibelauslegung, bei der die Unterdrückung der Schwarzen in den USA in den Blick genommen wird.

Die feministische Exegese ist eine Auslegungsrichtung der Bibel, die unter christlichen und jüdischen Auslegerinnen genutzt wird und die die Lebenssituationen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe in den Blick nimmt. Sie entdeckt biblische Geschichten von Frauen wieder, berücksichtigt die patriarchalen Entstehungsbedingungen der heiligen Texte und die Vertextlichung der Offenbarung Gottes durch Männer, deckt Spuren von Göttinnenanbetung im Alten Testament auf oder hebt weibliche Aspekte Gottes und der Religion hervor. Feministische Exegese ist von methodischer Vielfalt und einer Vielfalt an Zielen geprägt.


[1]: "Tora"

[2]: "Mischna"

[3]: "Talmud"

[4]: "Targum"