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Thüringer Gedenkbuch für die ermordeten Jüdinnen und Juden

Eisenach: Am 9. Mai 1942 wurden 58 Jüdinnen und Juden aus Eisenach über Weimar in das Ghetto Belzyce deportiert. Niemand überlebte. Wie dieses Bild eindrücklich zeigt, fanden Deportationen wie diese in aller Öffentlichkeit und unter den Blicken von Zuschauer*innen statt. (Quelle: Stadtarchiv Eisenach)

Über 6.000 Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Herkunft lebten zur Zeit des Nationalsozialismus nachweislich in Thüringen. Sie alle erlitten an ihren Wohnorten eine sich steigernde Ausgrenzung, wurden Opfer von Demütigung, Raub und Gewalt. Nach vollkommener Entrechtung und nicht selten auch KZ-Haft folgte für viele von ihnen die Deportation in die Vernichtungslager im Osten. Nicht wenige wählten den Selbstmord, um sich dem immer unerträglicher werdenden Verfolgungsdruck zu entziehen. Mehr als 2000 Personen fielen der antisemitischen Verfolgung und Vernichtung zum Opfer. Diesen Menschen ist das Thüringer Gedenkbuch für die ermordeten Jüdinnen und Juden gewidmet. 


Das Gedenkbuch enthält die Namen, die Lebensdaten, den Wohnort sowie den Deportations- und Sterbeort. Es nutzt dafür die Daten des Bundesarchivs, die im Projekt gemeinsam mit lokalen Forscher*innen zur jüdischen Geschichte in Thüringen überprüft und ergänzt wurden. Es stellt ein Angebot für die Auseinandersetzung mit der jüdischen Geschichte vor Ort dar, das fortlaufend aktualisiert werden kann. Sie sind zur Mitarbeit eingeladen. Wenden Sie sich mit Informationen, Ergänzungen und Korrekturen an: gedenkbuch.topfundsoehne@erfurt.de


Zum Gedenkbuch
Zum Erinnerungsprojekt an die Deportation vor 80 Jahren

Orte und Menschen

Berücksichtigung finden im Gedenkbuch alle Wohnorte im Gebiet Thüringen, das wir wie folgt definieren: Das 1920 gegründete Land Thüringen, der preußische Regierungsbezirk Erfurt und der Kreis Herrschaft Schmalkalden. Sie bildeten ab 1925 den NSDAP-Gau Thüringen. Um alle Bereiche des jetzigen Thüringens zu erfassen, zählen wir außerdem einige Bereiche im Nordosten des heutigen Bundeslandes dazu.


Die Menschen, denen dieses Gedenkbuch gewidmet ist, wurden unabhängig von ihrem Selbstverständnis als Jüdinnen und Juden verfolgt und um ihr Leben gebracht. Neben den Deportierten und Ermordeten zählen dazu auch die zahlreichen Menschen, die vor der Verfolgung in den Selbstmord flüchteten. 


Alle hier aufgeführten Personen hatten zwischen 1933 und 1945 aus eigener Entscheidung ihren Wohnort in Thüringen. Das schließt auch Menschen ein, die nach Thüringen flohen, um bei Familienangehörigen Schutz zu suchen und sich vor einer noch schlimmeren Repression in ihren Herkunftsorten zu retten. Wann genau die Menschen in Thüringen wohnten oder wie lange, spielt dabei keine Rolle. Mitaufgenommen werden auch Personen, die in den Jahren nach der Machtübernahme emigrieren konnten und dann doch im von Deutschland besetzten Ausland von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurden. 


Haben die Menschen in der betreffenden Zeit an mehr als einem Ort in Thüringen gelebt, so werden neben ihren Namen alle Wohnorte in alphabetischer Reihenfolge genannt.


Orte im Ausland, etwa Geburtsorte, Emigrations- oder Sterbeorte, werden in der historischen eingedeutschten Version und in der jeweiligen Landessprache aufgeführt, aus Formatierungsgründen ohne Sonderzeichen und in lateinischer Schrift.

Datenbasis und Vorgehen

Das Thüringer Gedenkbuch baut auf den Daten des Gedenkbuches "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 bis 1945" des Bundesarchivs auf. Zudem wurde es im Kontakt mit Einzelpersonen und Institutionen erarbeitet, die mitunter seit Jahrzehnten in vielen Orten in Thüringen akribische Forschung zu jüdischem Leben und dessen Vernichtung im Nationalsozialismus betreiben.


Für 150 Orte, die in dem oben beschriebenen Gebiet Thüringen liegen, wurden im Bundesarchiv Daten erfragt. Für 83 dieser Orte konnten Daten zu jüdischen Opfern im Bundesarchiv ermittelt werden. Diese Daten wurden an lokale Forscher*innen in Thüringen weitergegeben, mit der Bitte, sie zu ergänzen und gegebenenfalls zu korrigieren. In 32 Orten konnten solche Ansprechpartner*innen ermittelt werden und aus 19 Orten kamen ausführliche Überarbeitungen und Ergänzungen zurück. Den Forscher*innen vor Ort liegt ein lokaler Quellenbestand vor und sie stehen häufig mit den Familienangehörigen von Todesopfern in Kontakt. Dieses Detailwissen zu den einzelnen Menschen und ihren Geschichten ist in das Gedenkbuch eingeflossen und wird damit nun für alle einsehbar bewahrt.


Wenn aus lokalen Forschungen und Quellenbeständen Daten zu Personen korrigiert wurden, haben wir diese Informationen in das Digitale Gedenkbuch aufgenommen. Konnten vom Bundesarchiv aufgeführte Personen vor Ort nicht gefunden werden, wurde eine erweiterte Literatur- und Archivrecherche betrieben und beim Bundesarchiv die zugrundeliegenden Quellen angefragt. Personen aus dem Gedenkbuch des Bundesarchivs wurden nur dann nicht in das Thüringer Gedenkbuch übernommen, wenn zweifelsfrei belegt ist, dass sie nicht zum oben definierten Personenkreis gehören, etwa, weil sie schon vor 1933 aus Thüringen verzogen oder weil sie die Shoah überlebten.


Im Gedenkbuch des Bundesarchivs werden die Vornamen einer Person zum Teil in unterschiedlicher Schreibweise aufgeführt. Wenn möglich, wurde im Thüringer Gedenkbuch eine eindeutige Schreibweise des Vor- bzw. Rufnamens identifiziert. Wo das nicht möglich war, sind alternative Schreibweisen desselben Namens unter "Alternative Vornamen" aufgeführt. 


Zusätzlich wurden die Personendaten aus dem Gedenkbuch des Bundearchivs anhand der vorhandenen Literatur und zahlreicher online zugänglicher Archive überprüft. 


Das Thüringer Gedenkbuch ist eine Zusammenführung vieler Wissensbestände. Sicherlich ist es noch nicht gelungen, alle Menschen, die bereits Forschung betrieben haben, zu erreichen. Da es sich bei dem Gedenkbuch um ein digitales Format handelt, können weitere Daten kontinuierlich eingearbeitet werden, um so stets den aktuellen Forschungsstand abzubilden. Wir freuen uns über Zuschriften an: gedenkbuch.topfundsoehne@erfurt.de



Lokale Kontakte

Die Ergebnisse der lokalen Forschung wurden uns übermittelt von:

Altenburg / Meuselwitz

Christian Repkewitz, Historiker: info@christian-repkewitz.de

Apolda

Peter Franz Taubach, Prager Haus: prager-haus-apolda@gmx.de

Barchfeld

Klaus Schmidt, ehrenamtlicher Heimatforscher

Erfurt

PD Dr. Annegret Schüle, Erinnerungsort Topf & Söhne: topfundsoehne@erfurt.de

Eisenach 

Dr. Reinhold Brunner, Stadt Eisenach: Reinhold.Brunner@eisenach.de

Jena 

Constanze Mann, Stadtarchiv Jena: stadtarchiv@jena.de

Nordhausen

Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora: dokumentation@dora.de 

Kahla

Standesamt Kahla: standesamt@kahla.de

Weimar

Dr. Michael Löffelsender, Gedenkstätte Buchenwald: mloeffelsender@buchenwald.de

Schmalkalden

Ute Simon, Stadt- und Kreisarchivs Schmalkalden: archiv-schmalkalden@zv-kultur-sm.de

Meiningen

Dr. Iris Helbing, Stadtarchiv Meiningen: helbing@stadtmeiningen.de

Christoph Gann, B.M. Strupp-Stiftung, Meiningen: info@bmstrupp-lernort.de

Gera

Johanna Mardt, Gedenkstätte Amthordurchgang e.V.: info@torhaus-gera.de

Daniel Jähnichen, Stadtarchiv Gera: stadtarchiv@gera.de

Bad Salzungen

Antje Schneider, Stadtarchiv Bad Salzungen: archiv@badsalzungen

Sondershausen

Bettina Bärnighausen, Schlossmuseum Sondershausen:  schlossmuseum@sondershausen.de

Ein Kooperationsprojekt

Gefördert durch: Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Rahmen des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit

Projektpartner
Erinnerungsort Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz
Bundesarchiv
Universität Jena/ThULB

Wissenschaftliche Leitung
PD Dr. Annegret Schüle

Gedenkbuch
Recherche, Koordination und Erstellung: Leonie Dellen
Recherche Bundesarchiv: Annika Estner
Gestaltung und Redaktion: Daniel Pelz
Webentwicklung: Karsten Sommer