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Bima

Das Wort Bima bezeichnet das zentrale erhöhte Lesepult oder den Platz in der Synagoge, an dem das Lesepult steht. Die Bima gehört zur Grundausstattung jeder [Synagoge][1]. Von diesem Ort aus wird die [Tora][2] gelesen, nachdem sie aus dem [Toraschrein][3] dorthin getragen wurde.


[1]: "Synagoge"

[2]: "Tora"

[3]: "Toraschrein"

Eruv

Der Begriff Eruv bezeichnet meist die sogenannte [Schabbat][1]grenze oder auch die reale oder symbolische Begrenzung, die ein jüdisches Wohngebiet umgibt. Innerhalb des Eruvs sind bestimmte Aktivitäten wie das Tragen von Lasten am Schabbat nach [orthodox][2]em Verständnis erlaubt, außerhalb dessen nicht. Ein Eruv ist deshalb nötig, weil die [Tora][3] nach traditionellem Verständnis bestimmte Arbeiten und Aktivitäten am Schabbat verbietet. Heute wird ein Eruv als Hilfe für Familien und behinderte oder ältere Personen verstanden, die orthodox sind, aber am Schabbat trotzdem Kinderwagen und Rollatoren schieben, Rucksäcke und Taschen tragen wollen oder müssen. Im Mittelalter wurden jüdische Viertel oft durch eine Mauer von anderen abgetrennt. Eine Tür, die den Zugang ermöglichte, wurde am Schabbat geschlossen. Heute wird der Eruv um orthodoxe Wohngebiete oft mit einem Draht oder Seil hergestellt, gespannt auf Telefonmasten o.ä., auch natürliche Begrenzungen wie ein Fluss können dazugehören. Eruvim (Plural von Eruv) existieren vielerorts in Israel und auch in vielen nordamerikanischen Städten. Bis zur [Schoa][4] gab es solche Eruvim auch in Deutschland, so u.a. in Altona. In Wien wurde 2012 die Innenstadt innerhalb des Gürtels zum Eruv erklärt.


[1]: "Schabbat"

[2]: "Orthodoxes Judentum"

[3]: "Tora"

[4]: "Schoa / Holocaust"

Frauenempore

In traditionellen und [orthodox][1]en jüdischen Gemeinden wurden und werden noch heute Frauen und Männer während der Liturgie in der [Synagoge][2] getrennt. Manchmal wird das durch einen Vorhang erreicht, manchmal durch die räumliche Trennung beim Sitzen oder Stehen, manchmal auch durch eine bauliche Variante in den Synagogen, den Frauenemporen. Schon in manchen sehr alten Synagogen vor dem Mittelalter sind solche Emporen nachzuweisen, im 19. Jahrhundert wurden sie wieder verstärkt in repräsentative Sakralbauten wie in der Neuen Synagoge Berlin (erbaut 1866) oder in die Synagoge Neudeggergasse in Wien (erbaut 1903) eingezogen. [Ultraorthodoxe][3] jüdische Gruppen setzen sich auch für eine Geschlechtertrennung in öffentlichen Räumen ein.


[1]: "Orthodoxes Judentum"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Ultraorthodoxes Judentum"

Friedhof

Ein jüdischer Friedhof, der genutzt oder von Menschen besucht wird, kann schnell an den kleinen Steinen erkannt werden, die Besucher auf die Gräber legen. Sie bedeuten denen, die die Gräber aufsuchen, ein liebendes Andenken, so wie das Blumen auf nicht-jüdischen Friedhöfen zum Ausdruck bringen. Die Steine symbolisieren aber auch Ewigkeit und Unvergänglichkeit. Der Ursprung des alten Brauchs mag vielleicht darin liegen, dass man Gräber durch schwere Steine vor wilden Tieren oder Winderosion schützen und damit die Totenruhe gewährleisten wollte. Jüdische Gräber sollen nämlich für die Ewigkeit erhalten werden, sie dürfen nie eingeebnet werden. Hin und wieder findet man an den Grabsteinen berühmter Persönlichkeiten auch kleine Zettel, die in die Steinritzen gesteckt wurden. Auf ihnen werden Wünsche niedergeschrieben oder auch Gebete. Das Grab von Rabbi Löw in Prag ist ein Beispiel dafür. 

Außerdem findet man oft den [Davidsstern][1], Bildelemente oder hebräische Inschriften auf Grabsteinen. Vor dem Namen des oder der Verstorbenen steht oft „po nitman“ / „po nitmena“ (Deutsch: „hier ist begraben“) oder „po tamun“ / „po tmuna“ (Deutsch: „hier ist geborgen“). Nach dem Namen findet sich häufig eine Abkürzung aus fünf hebräischen Buchstaben, die einen hebräischen Satz aus 1 Sam 25,29 wiedergeben: „Möge seine / ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens.“ Gibt es Bildelemente, weisen sie auf den Namen des / der Verstorbenen hin, so z.B. ein Hirsch oder ein Löwe. Sind segnende Hände abgebildet, handelt es sich um jemanden, der aus der Priesterschaft stammt, also ein „Kohen“ ist. Eine Kanne symbolisiert jemanden, der aus dem Stamm Levi kommt, da zur Zeit des [Tempel][2]s in [Jerusalem][3] die Leviten den Priestern Wasser über die Hände gegossen hatten. 

Friedhöfe werden als „Bet Hachajim“ (Deutsch: „Ort des Lebens“) oder „Bet Haolam“ (Deutsch: „Ort der Ewigkeit“) bezeichnet. Sie sind der Ort für jüdische [Bestattungen][4]und [Trauerriten][4], so z.B. zu Jahrestagen.


[1]: "Davidstern"

[2]: "Tempel"

[3]: "Jerusalem"

[4]: "Beerdigung und Trauerriten"

Gebetsräume

Für die wichtigen Gebete wie auch für das öffentliche Vortragen des wöchentlichen [Tora][1]abschnittes wird ein „Minjan“ vorausgesetzt, d.h. mindestens zehn erwachsene Männer sollen anwesend sein. Den architektonischen Rahmen für diesen Gemeinschaftsgottesdienst bot in der Regel die Gemeinde[synagoge][2]. In Orten, in denen die jüdische Bevölkerung für einen „Minjan“ zu klein war, gab es meistens kein selbständiges Synagogengebäude. Bisweilen wurde stattdessen ein privater Raum eingerichtet, in dem sich die Mitglieder einer oder mehrerer Familien zum Gebet versammeln konnten. Auch in Orten mit Gemeindesynagoge gab es, zunehmend im Spätmittelalter, weitere Gebetsräume in privaten Wohnbauten. Daneben war es nicht unüblich, dass eine „Jeschiwa“ (jüdische [Tora][1]- und [Talmud][3]-Schule) einen eigenen Betraum für die Studenten besaß. Die Einrichtung der Beträume orientierte sich an der der Synagogen. Es galten die gleichen Vorstellungen für eine angemessene Aufbewahrung der Tora, für die Würde des Raumes – beispielsweise sollte es möglichst oberhalb des Betraums keine andere Nutzung wie eine Schlafkammer geben – und für eine entsprechende Gestaltung. Für das Studium unerlässlich waren weitere Bücher, aber auch ausreichend Beleuchtungsmittel, Bänke und Pulte. Grundsätzlich sind die Anforderungen an Beträume in Privatbauten gering, so dass sie sich nach Aufgabe der Nutzung nur selten eindeutig identifizieren lassen. In Thüringen ließ sich bislang allein in Erfurt ein mittelalterlicher Betraum (Mitte 13. Jh.) in einem privaten Gebäude mit einiger Sicherheit nachweisen.


[1]: "Tora"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Talmud"

Jerusalem

Die Stadt, die auf Hebräisch „Jeruschalajim“ und auf Arabisch „Urschalim al-Quds“ („Jerusalem das Heiligtum“) genannt wird, ist mehr als ein Ort in Israel. In ihr vereinigen sich antike und moderne Kultur, jüdische, christliche, armenische, muslimische und viele andere Lebensweisen. Sie ist der Sehnsuchtsort vieler Menschen. Für Juden ist Jerusalem seit alter Zeit der „Wohnort Gottes“ in Gottes [Tempel][1], der Wirkungsort der Vorfahren Abraham und Sara, der Könige David und Salomon, sowie der zukünftige Heilsort, wenn sich die Welt ihrem Ende zuneigt. Im Alten Testament, der hebräischen Bibel, wird Jerusalem mehr als 600 Mal erwähnt. Dort ist die Stadt das Findelkind, das von Gott aufgezogen wird (Ezechiel 16) oder auch die Braut Gottes (Psalmen). In jeder [Synagoge][2] ist die Wand, die nach Osten bzw. nach Jerusalem zeigt, besonders gekennzeichnet und der Platz für den [Toraschrein][3]; schon die [Mischna][4] hat diesbezügliche Regelungen getroffen. In vielen jüdischen Haushalten bezeichnet ein [Misrach][4] die Gebetsrichtung nach Jerusalem. Vergisst man die Stadt Jerusalem, singt der Beter in Psalm 137,5, so soll die rechte Hand verdorren, Leben also unmöglich sein. Für Muslime ist Jerusalem neben Mekka und Medina die drittheiligste Stadt, wenn sie auch nicht im Koran Erwähnung findet. Am Ort des Felsendomes soll Mohammed in den Himmel aufgebrochen sein, um sich dort mit anderen Propheten zu treffen. Für Christen ist Jerusalem heilig, weil die Stadt eng mit der Lebens- und Leidensgeschichte von Jesus Christus verbunden ist. Im Neuen Testament wird Jerusalem mehr als 100 Mal erwähnt. Erste Erwähnungen von Jerusalem finden sich in ägyptischen Texten aus dem 19. und 18. Jahrhundert v.u.Z., dann auch in den sogenannten Amarna-Briefen aus dem 14. Jahrhundert v.u.Z. Wahrscheinlich bedeutet ihr Name „Stadtgründung des Gottes Schalim“; die Namensdeutung „Stadt des Friedens“ ist eine spätere schöne rabbinische Tradition. Archäologische Funde gibt es schon aus der Kupfersteinzeit zwischen 4500 und 3150 v.u.Z. Frühe biblische Berichte lassen sich oft nicht archäologisch belegen. Laut dem Alten Testament, der hebräischen Bibel, erbaute David oder sein Sohn Salomon in Jerusalem einen Palast und einen ersten Tempel für Gott. Assyrer und Babylonier sowie weitere Volksgruppen versuchten immer wieder, Jerusalem einzunehmen, da die Stadt ein wichtiger Knotenpunkt im goldenen Halbmond war und sich auf wichtigen Handelswegen von Norden nach Ägypten im Süden befand. Der Babylonier Nebukadnezar II. eroberte Jerusalem 597 und 586 v.u.Z. und führte viele Bewohner ins [Exil][5]. In Babylon gründeten sich daraufhin [Diaspora][5]gemeinden, später auch in Ägypten. Der zweite Tempel wurde nach der Eroberung durch die Perser ab dem 6. Jahrhundert v.u.Z. errichtet. Später wechselten sich dort griechische, römische und jüdische Herrscher ab, die den Tempel jeweils ihren Gottheiten weihten. Der zweite jüdische Tempel wurde 70 u.Z. von den Römern zerstört. In Jerusalem entstand eine römische Kolonie, die später zu einer christlichen Stadt umgebaut und ab dem 7. Jahrhundert u.Z. von Byzanz erobert wurde. Später wechselten sich die Herrscher über Jerusalem weiter ab. Jerusalem als Stadt und als Sehnsuchtsort der jüdischen Menschen wird in der Kunst als wichtiges Motiv gesehen und auch in der Literatur und der Musik kommt Jerusalem immer wieder vor.


[1]: "Tempel"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Toraschrein"

[4]: "Mischna"

[5]: "Exil"

Mikwe

Die Mikwa oder auch Mikwe ist ein Tauchbad für den ganzen Körper und dient der Reinigung. Allerdings geht es dort nicht um Körperhygiene, sondern um Reinigung zu rituellen Zwecken. Symbolisch stellt das Bad in der Mikwa einen Neuanfang dar, ein neues Beginnen oder die Befreiung von innerlicher und äußerlicher Unreinheit. Jede jüdische Gemeinde sollte eine Mikwa besitzen, die aus fließendem Wasser gespeist wird. Das kann Quellwasser, Flusswasser, Regenwasser oder aber auch Grundwasser sein. Wichtig ist, dass es natürliches Wasser ist, das sich bewegt und die Mikwe immer wieder neu füllt. Zusätzlich Wasser darf allerdings dazu gegossen und gegebenenfalls auch geheizt werden. Mittelalterliche Beispiele für „Mikwa‘ot“ (Plural von Mikwa) lassen sich in [Sondershausen][1] und [Erfurt][2] finden, moderne kann man auf den Internetseiten der jüdischen Gemeinden in Deutschland sehen, die oft auch Bildmaterial ihrer Gebäude zur Verfügung stellen. Wie benutzt man das Tauchbad? Idealerweise betreten Männer und Frauen die Mikwa einzeln oder in kleinen Gruppen, nach Geschlechtern getrennt, unbekleidet, ohne Schmuck, Lippenstift oder Nagellack und bereits gereinigt, denn es geht ja hier nicht um das Waschen des menschlichen Körpers, sondern um rituelle Reinigung. Im Wasser taucht man dann dreimal vollständig unter, manchmal mit der Hilfe einer Begleiterin oder eines Begleiters, die/der beobachtet, dass man auch vollständig von Wasser bedeckt war. Dazu werden Segenssprüche gesprochen. Im alten Israel wurde das Tauchbad wohl immer dann benutzt, wenn man in den [Tempel][3] von [Jerusalem][4] gehen wollte oder wenn man mit einem Toten in Berührung gekommen war. Überall im antiken Israel wurden bei archäologischen Grabungen „Mikwa‘ot“ gefunden, vor allem in Tempelnähe in Jerusalem, aber auch z.B. bei einer Ausgrabung in der antiken Siedlung von Qumran am Toten Meer vor den Häusern der Bäcker und vor einem großen Raum, der wahrscheinlich für Festmähler vorgesehen war. Wann die Sitte aufkam, dass Frauen nach der Menstruation, am Tag vor der Hochzeit oder nach der Geburt eines Kindes die Mikwa benutzen, ist nicht ganz klar. Auch Männer besonders frommer Glaubensrichtungen benutzen die Mikwa, so z.B. vor dem [Schabbat][5] oder vor Feiertagen, besonders vor [Jom Kippur][6]. Die Mikwa kann auch für das rituelle Reinigen von Geschirr und anderen Küchenutensilien benutzt werden, nämlich dann, wenn es noch nicht benutzt wurde oder verunreinigt war und nun wieder „gekaschert“ (=für den [koscher][7]en Gebrauch nutzbar) gemacht werden muss. Das kann auch vor [Pessach][8] der Fall sein, wenn besonders reines Geschirr benutzt werden soll. Allerdings hängt es wie bei vielen religiösen Ritualen auch hier von der Art der Frömmigkeit ab, ob man die Mikwa benutzt, wie oft und zu welchen Gelegenheiten.


[1]: "Sondershausen"

[2]: "Erfurt"

[3]: "Tempel"

[4]: "Jerusalem"

[5]: "Schabbat"

[6]: "Jom Kippur"

[7]: "Koscher"

[8]: "Pessach"

Schulhaus

Die Bildung nimmt im Judentum eine besondere Stellung ein. Das Weitererzählen jüdischer Traditionen, das Studium der [Tora][1], die Hinführung zu jüdischen Werten und jüdischer Lebensweise waren schon immer wichtige Aspekte im Familienleben. Schon im Alten Testament, so z.B. im Buch der Sprüche, geht es um Bildung und Erziehung in der Weisheit Gottes, ist von Lehrern und Schülern die Rede. Und auch im modernen Judentum werden schon ganz kleine Kinder an die jüdischen Traditionen herangeführt. So ist es die Rolle des jüngsten Kindes, zu [Pessach][2] traditionelle Fragen zum Fest und zur jüdischen Tradition zu stellen, die dann in der Festgemeinde beantwortet werden. Neben dem Studium der Tora sind es vor allem die Traditionen und Rituale in der Familie, wie das Feiern der Feste im Jahreskreis, das Berühren der [Mesusa][3] am Türpfosten, das Verzehren traditioneller Speisen, die jüdische Traditionen weitervermitteln. Bildung fand schon im antiken und mittelalterlichen Judentum in den Familien und vor allem in den [Synagogen][4] statt, die auch „Beit ha-Midrasch“, „Ort des Studiums“ oder jiddisch „Schul“ genannt wurde. Dort lehrte man Tora, Talmud und die Werke kleinerer rabbinischer Gruppierungen. Bei den Kindern begann die Einführung in das Lesen der Heiligen Schriften wohl schon im Alter von sechs Jahren. Für Jungen und Männer war es Verpflichtung, aber auch Mädchen und Frauen wurden durch verschiedene jüdische Strömungen und Lehrer immer wieder dazu ermuntert. In der Zeit der Aufklärung stellte man sich die Frage, ob jüdische Bildungseinrichtungen zum Erhalt des Judentums beitragen können, oder ob sie eine Assimilierung in die jeweiligen Kulturen eher behindern. Neue Schulgründungen spiegelten die verschiedenen Strömungen in der jüdischen Aufklärung wider, auch die Bildung von Mädchen wurde jetzt stark gefördert. Jüdische Lebensformen und Erziehungsstile wurden noch vielgestaltiger, und auch die Bildung von Erwachsenen wurde wieder verstärkt in den Blick genommen. Im Nationalsozialismus kam offizielle jüdische Bildung zum Erliegen. Schon in den 1930er Jahren wurden jüdische Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schuldienst verdrängt, jüdische Schülerinnen und Schüler wurden ausgegrenzt und durften nur noch zu einem bestimmten, niedrigen Prozentsatz die öffentlichen Schulen besuchen. Später wurden sie ganz von der Schule ausgeschlossen, das jüdische Schulwerk ganz aus dem deutschen Schulwesen verdrängt. Als jüdische Bürgerinnen und Bürger in „Judenhäuser“ und Ghettos zwangsumgesiedelt wurden, war dort nur noch ein illegaler und sehr begrenzter Schulalltag möglich. Teilweise wurden ganze Schulen, Internate und Kinderheime mit Kindern und Pädagogen deportiert. 1942 waren dann die letzten jüdischen Bildungseinrichtungen geschlossen. Nach dem Krieg dauerte es lange, bis normales jüdisches Leben und jüdische Bildung in Deutschland wieder neu entstehen konnten. Laut der Aufstellung beim Zentralrat der Juden gibt es gegenwärtig in Deutschland jüdische Krippen und Kindergärten in 18 deutschen Städten, so z.B. in Berlin, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Hamburg, München und Frankfurt. In sieben Städten gibt es insgesamt neun jüdische Grundschulen und sieben weiterführende jüdische Schulen, die alle staatlich anerkannte Ersatzschulen (Privatschulen) sind. In der Regel werden sie von jüdischen und nicht-jüdischen Schülern besucht. Judentum, jüdische Feste und Traditionen und die hebräische Sprache sind Teil des Schulalltags.


[1]: "Tora"

[2]: "Pessach"

[3]: "Mesusa"

[4]: "Synagoge"

Synagoge

Im Griechischen bedeutet der Begriff „Synagoge“  „Versammlung“ oder „Vereinigung“, später wurde er z.B. im Neuen Testament auch als „Versammlungsort“ übersetzt. Im rabbinischen Judentum und auch heute wird die Synagoge als „Bet ha-Knesset“ (Haus der Versammlung) oder „Bet ha-Midrasch“ (Ort des Studiums) bezeichnet, auch der jiddische Begriff „Schul“ ist üblich. Schon im sogenannten [Exil][1], als Teile der jüdischen Bevölkerung von den Assyriern und Babyloniern Jahrhunderte vor der Zeitenwende aus Israel deportiert wurden, gab es im Mittelmeerbereich erste Synagogen. Sie waren die Zentren der versprengten Gemeinden und Orte für den Gottesdienst, der üblicherweise am [Jerusalem][2]er [Tempel][3] hätte stattfinden sollen. Als dieser im Jahr im Jahr 70 u.Z. von den Römern zerstört wurde, wurden die Synagogen zum einzigen Zentrum des Judentums und zum Symbol jüdischer Identität. Diese Funktion erhielten sie sich in der Spätantike und darüber hinaus. 

Als Zentrum der jüdischen Gemeinde waren die Synagogen schon immer multifunktional. Sie waren Orte des Gebetes, Bildungsorte und [Schulhäuser][4], Versammlungsorte für politische und soziale Begegnungen. In modernen Synagogenkomplexen gibt es auch heute oft Kultur- und Bildungszentren, Bibliotheken oder koschere Restaurants. Die folgenden architektonische Merkmale sind für die meisten Synagogen typisch: die Ausrichtung der betenden Gemeinde Richtung Jerusalem, die ständige Gegenwart der [Tora][5] in Form der Torarollen im [Toraschrein][6] oder auf dem Lesepult ([Bima][7]), die Konzentration auf das Wort Gottes, die durch die Schlichtheit des Raumes ausgedrückt wird. Vor allem in älteren Gebäuden findet man zwei Säulen, die auf biblische Überlieferungen zurückgehen. Manche antike und moderne orthodoxe Synagogen nutzten und nutzen auch eine [Frauenempore][8], die die Geschlechter voneinander trennen soll. Oft sind Synagogen architektonisch vom Stil der sie umgebenden Kultur und Baukunst geprägt. Moderne Synagogen wurden z.B. 2001 in Dresden und 2010 in Mainz errichtet. Ausgestattet sind Synagogen mit einem ewigen Licht („ner tamid“), einem erhöhten Lesepult, aber vor allem einem Toraschrein, der die handschriftlich gefertigten Torarollen enthält. Diese sind in Europa meist in einen Toramantel aus Stoff eingeschlagen und geschmückt. Oft befindet sich an ihnen ein [Torazeiger][9], eine aus Silber geformte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger („jad“), den man zum Lesen benutzt. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in manchen Synagogen auch Orgeln eingebaut. In vielen Synagogen findet sich eine [Mikwa][10], in allen eine [Mesusa][11]  am Türpfosten; Symbole sind der [Davidstern][12], der siebenarmige Leuchter [Menora][13] oder der neunarmige [Chanukka][14]leuchter. Manchmal sind Synagogen auch mit hebräischen Bibelversen geschmückt.


[1]: "Exil"

[2]: "Jerusalem"

[3]: "Tempel"

[4]: "Schulhaus"

[5]: "Tora"

[6]: "Toraschrein"

[7]: "Bima"

[8]: "Frauenempore"

[9]: "Torafinger"

[10]: "Mikwe"

[11]: "Mesusa"

[12]: "Davidstern"

[13]: "Menora"

[14]: "Chanukka"

Tempel

Für Juden ist die Stadt [Jerusalem][1] und der Berg Zion seit alters her der „Wohnort Gottes“ in Gottes Tempel, der Wirkungsort der Vorfahren Abraham und Sara, der Könige David und Salomon, sowie der zukünftige Heilsort, wenn sich die Welt ihrem Ende zuneigt. In jeder [Synagoge][2] ist die Wand, die nach Osten bzw. in die Richtung des Jerusalemer Tempels zeigt, besonders gekennzeichnet und der Platz für den [Toraschrein][3], schon die [Mischna][4] hat diesbezügliche Regelungen getroffen. In vielen jüdischen Haushalten bezeichnet ein [Misrach][5] die Gebetsrichtung nach Jerusalem. Erste Erwähnungen von Jerusalem finden sich in ägyptischen Texten aus dem 19. und 18. Jahrhundert v.u.Z. Wahrscheinlich bedeutet ihr Name „Stadtgründung des Gottes Schalim“, der blumige Begriff „Stadt des Friedens“ ist eine spätere rabbinische Tradition. Archäologische Funde gibt es schon aus der Kupfersteinzeit zwischen 4500 und 3150 v.u.Z. Frühe biblische Berichte lassen sich oft nicht archäologisch belegen. Ursprünglich, berichtet das 2. Buch Mose 25-27 und 36-39, besaß das Volk Israel lediglich ein bewegliches Zelt, in dem man die Wohnung Gottes in Jerusalem lokalisierte, das sogenannte „Zelt der Begegnung“ (2. Mose 27,21). Laut dem Alten Testament, der hebräischen Bibel (1. Kön 5–6), erbaute David oder sein Sohn Salomon in Jerusalem einen Palast und einen ersten Tempel für Gott. Das Heiligtum soll aus einem Vorhof mit Becken und Brandopferaltar und einem Innenraum mit Räucheraltar, Leuchter und Schaubrottisch bestanden haben, im Allerheiligsten wirkte der Hohepriester. Dort befanden sich wohl zwei geflügelte Kerubime, unter deren Flügeln sich die Bundeslade befand. Im Vorhof sollen sich außerdem zwei Säulen, genannt Jachin und Boas, befunden haben, die im Synagogenbau oft als Vorbilder für Säulenkonstruktionen verstanden wurden. Assyrer und Babylonier sowie weitere Volksgruppen versuchten immer wieder, Jerusalem und den Tempel der Stadt einzunehmen, da sich die Stadt auf wichtigen Handelswegen von Norden nach Ägypten im Süden befand. Der Babylonier Nebukadnezar II. eroberte Jerusalem 597 und 587/586 v.u.Z., zerstörte den Tempel und führte viele Bewohner ins [Exil][6]. In Babylon gründeten sich daraufhin [Diaspora][7]gemeinden, später auch in Ägypten. Vom Ersten Tempel ist heute nichts erhalten, ein Granatapfel aus Elfenbein mit einer Inschrift ist wahrscheinlich eine Fälschung. Der zweite Tempel wurde nach der Eroberung durch die Perser ab etwa 517 v.u.Z. neu errichtet und unter Herodes dem Großen stark erweitert. Biblische Quellen dafür finden sich beim Propheten Haggai aber auch in Esra 6. Der Zweite Tempel wurde wohl auf dem zerstörten Vorgängerbau errichtet, viele Details wie die beiden Säulen wurden aber nicht neu errichtet. Das Allerheiligste blieb nun wohl gänzlich leer, anstelle der zehn Leuchter gab es wahrscheinlich einen siebenarmigen Leuchter, die [Menora][8]. Später wechselten sich in Jerusalem griechische, römische und jüdische Herrscher ab. 167 v.u.Z. wurde der Neubau unter Antiochus IV. Epiphanes dem Gott Zeus gewidmet, 164 v.u.Z. nach dem Makkabäeraufstand neu eingeweiht, ein Ereignis, auf das sich das [Chanukka][9] fest bezieht. Herodes der Große begann 20/19 v.u.Z. mit einem repräsentativen Neubau des Tempels, der danach zu den Weltwundern zählte. Der zweite Tempel wurde 70 u.Z. von den Römern zerstört, nur die Westmauer, die sogenannte Klagemauer, ist heute von diesem Bau noch erhalten. Außerdem erhielten sich noch einige Verbotsschilder, die den Zutritt zu den einzelnen Tempelbereichen regeln sollten. Auf dem Titusbogen in Rom ist der Triumphzug der Römer nach der Tempelzerstörung abgebildet. Auf dem Tempelberg befinden sich heute der islamische Felsendom und die al-Aqsa-Moschee.


[1]: "Jerusalem"

[2]: "Synagoge"

[3]: "Toraschrein"

[4]: "Mischna"

[5]: "Misrach"

[6]: "Exil"

[7]: "Diaspora"

[8]: "Menora"

[9]: "Chanukka"

Toraschrein

Der Toraschrein (auf Hebräisch „Aron ha-Qodesch“, „der heilige Schrein“) gehört zur Grundausstattung einer [Synagoge][1] und befindet sich an der nach Jerusalem gerichteten Wand, in Europa also an der Ostwand. Er enthält die [Tora][2]rollen, die von einem Schreiber, dem [Sofer][3], unter speziellen Vorkehrungen hergestellt wurden. Im jüdischen Gottesdienst wird der Toraschrein geöffnet, die Torarollen werden herausgenommen, zur [Bima][4] getragen und dort verlesen.


[1]: "Synagoge"

[2]: "Tora"

[3]: "Schofar"

[4]: "Bima"